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Systemische Familientherapie - der Zauber von in Zirkeln fragen

  • carolineschroeder2
  • 10. Dez. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Dez. 2024

psychotherapiejetzt - Praxis für Psychotherapie Caroline Schröder

Serie Psychotherapie im Gesundheitswesen



Familie in der Natur in den 60-ziger Jahren
Familie in der Natur in den 60-ziger Jahren


Wir ... aufeinander bezogen

Die systemische Familientherapie legt ihren Schwerpunkt auf die Beziehungen und ... wie formuliert man das am besten?

Die gegenseitigen Abhängigkeiten und die wechselseitige Beeinflussung. Wobei mir beide Begriffe einen zu negativen Touch haben.

Das "Aufeinander bezogen sein".

Wir sind soziale Wesen. Ein Leben ist nur in Gemeinschaft möglich. Selbst wenn Sie ein ganzes Wochenende, z.B. ein verregnetes Dezemberwochenende im Advent ganz alleine zu Hause verbringen um eine Erkältung auszukurieren - Sie sind mit der Gemeinschaft um sich herum verbunden. Sie essen vermutlich Lebensmittel, die ein anderer Mensch angebaut und geerntet hat. Die wieder ein anderer Mensch transportiert und verarbeitet hat. Lebensmittel, die eine Verkäuferin in die Regale eingeräumt hat und und eine andere Verkäuferin bei Ihnen abkassiert hat. Das Auto oder das Fahrrad, welches Sie zum einkaufen benutzt haben, ist wieder von anderen Metall-, Polster- und Elektrofachkräften hergestellt worden ... und so weiter.


Wir im Netz der Beziehungen ...

Wir bewegen uns immer im Netz dieser Beziehungen in unserer arbeitsteiligen Welt.

Ich finde das einen sehr schönen Gedanken, dass ich mit all diesen Menschen verbunden bin, in dem ich irgendein Angebot nutze oder auch nur die Straße hinunterlaufe.

Aber dieser Rahmen ist für die Systemische Familientherapie zu weit gefasst. Wie der Name schon sagt, geht es um unsere Beziehungen zu unseren liebsten nächsten Familienmitgliedern oder zu den Menschen, die uns im Alltag umgeben.


Ein Vermächtnis und die Treue

Es werden Fragen gestellt, wie: gibt es einen Auftrag oder ein Vermächtnis aus den älteren Generationen? Das könnte z.B. der Opa sein, der mit dem Weltkrieg alles verloren hat, aber mit harter Arbeit wieder Wohlstand aufgebaut hat. Da gäbe es vielleicht das Vermächtnis, dass nur harte Arbeit zählt. Freizeit und Vergnügen könnten verpönt sein. Die Nachkommen würden sich dann vielleicht mit einer Erschöpfung in der Psychotherapie vorstellen und es würde auffallen, dass irgendetwas (der Auftrag) zu höchster Leistung über ein gutes Mass hinaus antreibt.

Eine weitere Fragestellung könnten sein: gibt es eine Treue zu einem Familienmitglied, die die Entwicklung behindert? Das könnte vorliegen, wenn ein kluger junger Mensch keine Ausbildung beendet - weil die Eltern beide ungelernte Arbeiter sind. Die Treue zu den Eltern scheint ein "über Sie hinauswachsen" zu verbieten.



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Das zirkuläre Fragen

Diese Informationen werden in der Systemischen Familientherapie durch das zirkuläre Fragen erfasst - der Zauber von in Zirkeln fragen!

Dazu sind bestenfalls alle Familienmitglieder anwesend. Der Therapeut befragt z.B. eines der jüngeren Kinder, was die Mutter tut, wenn der Vater schlecht gelaunt von der Arbeit nach Hause kommt und es einen Streit mit dem ältesten Sohn um die Erledigung der Pflichten gab.

Diese Methode des zirkulären Fragens dient weniger der Erhebung von Informationen als der Erzeugung von Informationen, indem die anderen Zuhörenden in dem Moment einen Perspektivwechsel erfahren und die Situation aus den Augen und mit dem Wissen des jüngeren Kindes erleben. Das soll einen reflexiven Prozess einleiten, der zu einer Lösung der Konflikte führen, z.B. zwischen dem ältesten Sohn, der sich in Vielem verweigert, und den Eltern.


Alles ist Kommunikation

Dabei werden Verhaltensweisen, Gefühlsausdruck und sogar auch Symptome als Kommunikation begriffen. Sie sollen etwas mitteilen. Die anderen werden nicht nach Ihren Gefühlen befragt, sondern nach den Wirkungen der Verhaltensweisen des anderen auf sie.

In Bezug auf Symptome einer psychischen Erkrankung wird erfragt, wie die anderen diese Symptome beschreiben und welche Erwartungen damit verbunden sind und wie die anderen darauf reagieren. In unserem Beispiel oben wird erfragt, wie die Mutter auf die Konflikte zwischen dem ältesten Sohn und dem Ehemann reagiert.

Das schafft neuen Informationen für alle, v.a. wenn das jüngste Kind die verblüffende Wahrheit ans Licht bringt, dass die Mutter genau dann wieder im Internet Kleidung oder Schminke bestellt und es damit den nächsen Konflikt zwischen den Eltern gibt. Als wolle sie den Vater für den Streit mit dem Erstgeborenen bestrafen und ihn an seine Rolle als Ernährer erinnern.

Sie sehen - Systemische Familientherapie kann ganz amüsant sein - in dem Fall eher für den Therapeuten.


Kinder sind klug

Was dabei spannend ist, dass Kinder zwischen 6 Jahren und ca. 11 Jahren (den Anfängen der Pubertät) einen extrem hellsichtigen Blick auf ihre Familien haben. Sie können solche, für andere unsichtbaren Zusammenhänge, oft sehr klarsichtig beschreiben. Der Beginn der Pubertät mit den dramatischen Umwälzungen im Körper und der Psyche der Jugendllichen durch die Hormone läßt diese Klarsichtigkeit wieder verschwinden.



Respekt und Respektlosigkeit

Was auch zur Systemischen Familientherapie gehört ist der tiefe Respekt vor den Kompetenzen der Klienten. Der Patient oder Klient hat ein umfassendes "Fachwissen" über sich, seine Vorlieben und sein Leben. Der Psychotherapeut kann sich dieses Wissen fragend erarbeiten und jeder Schritt zu Veränderung muß für den Klienten passend sein.

Gianfranco Cecchin, ein Mitbegründer der Mailänder Schule der Familientherapie, prägte den Satz: "respektvoll gegenüber der Person, respektlos gegenüber ihren Ideen".

In dem Beispiel oben könnte es wichtig sein, respektlos zu sein gegenüber der Idee des Vaters, den Sohn mit heftiger Kritik zu mehre Verantwortung zu treiben. Das funktioniert vermutlich nicht.


Umdeuten - Reframing

Eine weitere wichige .Methode ist das Umdeuten - Reframing. Dabei werden die Ideen der Klienten auch wieder respektlos in Frage gestellt.

Z. B. berichtet eine Klientin, dass sie schüchtern sei und sich in einer Gruppe oder Besprechung bei der Arbeit wenig beteiligen würde. Da könnte die Therapeutin fragen, ob die Klientin aufmerksam zuhört und mitdenkt. Eine Umdeutung wäre dann, dass gerade diese stille und aufmerksame Teilnahme wertvoll ist. Diese Haltung wird von den anderen durchaus wahrgenommen und die Gruppe wird dadurch stabilisiert. Wie chaotisch wäre auch eine Gruppe, wenn jeder um die Wortbeiträge kämpfen würde!

Diese Methode gibt es auch in der Hypnotherapie.



Aus der Kritik entsteht Neues

Die Systemische Familientherapie kann auch, genauso wie die Verhaltensherapie, als eine Reaktion auf die Theorien und Vorgehensweisen in der Psychoanalyse und Tiefenpsychologie nach Sigmund Freud und seinen Schülern verstanden werden.

Die Verhaltenstherapie kritisierte, dass die Konzepte der Psychoanalyse nicht messbar und wissenschaftlich überprüfbar waren. Deswegen wurde zunächst nur das sichtbare Verhalten als Grundlage für die Theorien und Verfahren in der Verhaltenstherapie genommen.

Die Systemische Familientherapie kritisierte, dass die konstruktive Leistung unseres Geistes (wir konstruieren unsere Umgebung durch unsere Wahrnehmung und unser Denken) und die hohe positive und kompetente Anpassungsleistung eines jeden Einzelnen an seine Umgebung vernachlässigt wurde bei Freud.

In der Auseinandersetzung und Kritik an der Psychoanalyse sind zwei weitere wertvolle Therapieverfahren entstanden.

psychotherapiejetzt - Praxis für Psychotherapie Caroline Schröder © 2024






 
 
 

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