Empathie
- carolineschroeder2
- 25. Feb.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Feb.
psychotherapiejetzt - Praxis für Psychotherapie Caroline Schröder Dipl.-Psych.
Serie Impulse

Eine fast alltägliche Fähigkeit
Empathie ist eine Fähigkeit, so ähnlich wie Gesundheit. Man denkt nicht darüber nach, wenn Empathie vorhanden ist. Das fühlt sich so "normal" und gesund an und erfüllt unsere Erwartungen.
In der Psychotherapie fragen wir auch nach dem Antrieb. Das ist genauso - wir wissen gar nicht, dass das eine wichtige Fähigkeit ist, wenn wir normalen Antrieb haben. Der Antrieb ist die Leichtigkeit, mit der jemand aus dem Bett kommt um den Tag zu beginnen und die Fähigkeit, von der Couch aufzustehen um etwas zum Trinken zu holen, wenn man Durst hat. Bei Depressionen geht diese Fähigkeit schmerzlich verloren. Die Betroffenen können sich nicht mehr aufraffen, zu den kleinsten Alltäglichkeiten.
In der Begegnung spüren wir Empathie
Allerdings geht es bei der Beobachtung, dass die Empathie fehlt meistens um die Verhaltensweisen der anderen. Diejenigen selber werden das selten bemerken oder vermissen. Das hat in der Regel die Qualität einer Persönlichkeitsstörung. Wenn Empathie fehlt, sind wir irritiert, vor den Kopf gestoßen und manchmal kann sich eine leichtes Unwohlsein bis Grauen einschleichen.
Empathie ist die Empfindung, die wir haben, wenn uns ein Gegenüber erzählt, dass jemand etwas unfreundliches gesagt hat, dass ein naher Familienangehöriger gestorben ist oder der sichere Arbeitsvertrag plötzlich unsicher geworden ist. Wir können es nachvollziehen, wie es dem anderen damit geht.
Empathie ist auch, wenn wir Freude empfinden bei der Begeisterung eines Kindes über eine Geschenk, z.b. die Mini-Saitenwurst beim Metzger. Empathie ist die Rührung, die wir bei einer Hochzeit haben, wenn wir das strahlende Brautpaar bei den Glückwünschen beobachten.
Empathie kann als ein Mitschwingen in den Gefühlen bezeichnet werden. Empathie läßt uns andere trösten oder motiviert uns ein abgemagertes Tier zu füttern.

Die Grundlage der Menschlichkeit
Das ist eine wichtige Fähigkeit für den Menschen, der nur in der Gemeinschaft leben und überleben kann. In einer Steinzeitkultur ermöglichte es dem Einzelnen seinen Platz in der Gemeinschaft zu finden und für das Überleben der Gruppe zu handeln. Ein empathieloser Mensch wäre da noch viel mehr negativ aufgefallen, wenn er oder sie in einer für das Überleben der Gruppe kritischen Situation sich so "daneben" benimmt in dem er oder sie empathielos handelt.
In unserer Zeit sind wir nicht mehr unmittelbar den Gefahren eines Steinzeitlebens ausgesetzt. Da fallen diese Menschen ohne Empathie weniger auf oder können durch die Ausrichtung auf ihre Ziele ohne Rücksicht und Verbindlichkeit eventuell sehr erfolgreich sein.
In diesen Fällen gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der Mangel an Empathie angeboren ist - eine Persönlichkeitsstörung.
Verlust von Empathie
Es gibt auch das Phänomen, dass Menschen Empathie verlieren. Das ist und war eine wichtiges Kriterium für die Beschreibung von Burn-Out welches der Psychologe Freudenberger schon 1969/1970 bei ehrenamtlichen Helfern einer Free Clinic beobachtete. Durch Überlastung und hohes Stresslevel verloren die Helfer ihre Empathie - das Einfühlungsvermögen für Ihre Klienten. Es wurde schleichend immer verächtlicher über die Klienten geredet.
Das verächtlich über bestimmte Gruppen geredet wird - politisch Andersdenkende und Menschen mit anderen Lebensstilen oder anderer Geschlechtsidentität - hat gerade leider hohe Konjunktur.
Das ist ein Zeichen von mangelnder Empahie.
Auch der Vorschlag 2 Mio. Palästinenser umzusiedeln um eine Riviera des Nahen Osten entstehen zu lassen ist erstaunlich unempathisch. Dass diese Menschen gerne zurück in ihr Zuhause wollen und das andere Ländern nicht so ruck zuck Millionen Menschen aufnehmen können, scheint weit außerhalb der Vorstellungskraft desjenigen, der diese Vorschläge macht. Auch die Kündigungswelle per Email bei den Staatsbediensteten in den USA gehört in diese Kategorie. Befremdlich ... oder es kann sogar insgeheim ein leichtes Grauen auslösen.
Eine gute Nachricht - aus den Kriegen, in denen noch mit Vorderladern Mann gegen Mann gekämpft (geschossen) wurde, sind viele Gewehre gefunden worden, in denen die Soldaten auf Befehl nachgeladen haben ... aber nie geschossen haben. Die Kugeln steckten fein aufgereiht noch im Lauf. Das ist Empathie.
Gute Praxis im Alltag
Wenn Sie das nächste Mal erleben, dass sich jemand den Ellebogen oder das Schienbein schmerzhaft anstößt und Sie dabei ebenfalls so etwas wie stellvertretenden Schmerz erleben - klopfen Sie sich selbst innerlich auf die Schulter. Sie sind ein Mensch mit einer gesunden Empathie und ihr Stress- oder Erholungslevel bewegt sich im guten Bereich.
Eine Gemeinschaft wird getragen von vielen dieser Menschen, die eine gesunde Empathie für ihr Gegenüber empfinden. Das ist die Wurzel für gute Regeln des Zusammenlebens und für tragfähige Kompromisse in Verhandlungen.
Wünschen wir unseren Politikern, dass sie diese Fähigkeit der Empathie mit einer guten Portion Pragmatismus in die nächste Regierung einbringen.
Diesen Artikel widme ich meiner Mutter (1935 - 2024), die meine Empathie zusätzlich geschult hat.
psychotherapiejetzt - Praxis für Psychotherapie Caroline Schröder, Dipl.-Psych.



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